In den letzten beiden Jahren hat sich die Art unsere Zusammenarbeit grundlegend verändert. Wir haben gelernt, dass wir besser virtuell arbeiten konnten, als vermutet. Viele genießen die Möglichkeit, von zu Hause arbeiten. Sie erspart ihnen die Zeit für die Fahrt ins Büro, die Störungen durch Mikromanagement und Lärm im Großraumbüro.
Andere fühlen sich zunehmend isoliert und ausgelaugt. Mit der Zeit vermissen Mitarbeiter* den Austausch mit den Kollegen. „Merken Sie auch, dass die Energie verloren gegangen ist, dass die Leute immer gereizter werden? wurde ich unlängst gefragt. Die vielen, kleinen, informellen Interaktionen im Büro haben schlichtweg einen großen Einfluss auf die Motivation, den Informationsfluss und die Qualität von Entscheidungen. Die Leute wünschen sich Flexibilität und auch persönlichen Kontakt. Nach dem abrupten Wechsel zum Home-Office am Beginn der Pandemie überlegen viele Unternehmen nun ein nicht minder anspruchsvolles Vorhaben, hybride Arbeit einzuführen. Hybride Arbeit bedeutet, dass teilweise im Büro und im Home-Office , synchron und asynchron zusammengearbeitet wird. Ist hybride Arbeit die Zukunft, weil es die Nachteile der reinen Büro- oder Tele-Arbeit ausgleicht? Sie kann die Flexibilität und die Zufriedenheit der Mitarbeiter steigern. Sie kann auch Kosten und den ökologischen Fußabdruck reduzieren. Gut organisiert, wird weniger Büroraum benötigt und durch den Wegfall des täglichen Pendelns weniger CO2 produziert. In vielerlei Hinsicht sind hybride Teams allerdings schwieriger zu managen als Teams, die ausschließlich remote arbeiten oder im Büro. Mit hybrider Arbeit wird alles komplexer, nicht umgekehrt. Der Wechsel zu hybrider Arbeit ist keine Fortführung der Arbeit vom Home-Office. Er ist ein einschneidender Moment, an dem neue Fragen gestellt werden sollten.
Der Wechsel zur hybriden Arbeit ist eine strategische Chance für jede Organisation - eine, die ein neues Zusammenarbeitsmodell erfordert. Man braucht einen Plan und Regeln. Unternehmensweite Normen geben den Leuten Orientierung, wie, wann und wo sie arbeiten. Viele Unternehmen definieren z.B. eine bestimmter % der Arbeitszeit sein, der vom Home-Office gearbeitet werden kann. Wichtig ist, sich als gesamte Organisation auf eine Basis zu einigen und zu klären, welche Entscheidungen zentral und welche dezentral getroffen werden sollen. Dazu gehört auch die Wahl der Hybriden Zusammenarbeitsform.
Führungskräften brauchen angemessenen Gestaltungsraum. Führungskräfte müssen in der Lage sein, Anpassungen für ihren Bereich entsprechend ihrer Geschäftsanforderungen und Mitarbeitererwartungen treffen. Dies beinhaltet auch Entscheidungen über Ausstattungen für das Home-Office. Sie brauchen die Möglichkeit, neue Regeln für ihr Team einzuführen, wie etwa meetingfreie Tage. Eine aktuelle Studie hat herausgefunden, dass drei meetingfreie Tage die optimale Balance zwischen Produktivität, Zufriedenheit und Kooperation ermöglichen. (https://sloanreview.mit.edu/article/the-surprising-impact-of-meeting-free-days/?use_credit=78252da47ac569c8142bcd049579ce4b) Die Pandemie brachte nämlich eine Explosion an Online Meetings. Gleichzeitig begannen die Leute mehr asynchron zu kommunizieren, über Emails, Chats und Corporate Social Media. Für viele war das zu viel. In einer Studie sagten 54%, sie seien überlastet und 39%, sie sind erschöpft. (https://www.microsoft.com/en-us/worklab/work-trend-index/hybrid-work) Ein großes Missverständnis ist der Glaube, dass Zusammenarbeit nur dann stattfindet, wenn alle im gleichen (virtuellen) Raum sind. Wenn Mitarbeiter im Büro sind, interagieren sie spontaner und öfter mit Leuten außerhalb ihrer Teams. Allerdings ist die gemeinsame Anwesenheit im Büro noch kein Garant für Zusammenarbeit. Der Schlüssel für Erfolg ist zu wissen wann man wie zusammenarbeitet und wann besser nicht. Erfolgreicher Zusammenarbeit beantwortet drei Fragen:
Asynchrone und synchrone Zusammenarbeit in gute Balance bringen. Unter Zusammenarbeit wird oft gemeinsam arbeiten verstanden. Das ist ein wichtiger Aspekt. Zusammenarbeit bedeutet allerdings mehr. Sie bedeutet, dass wir gemeinsam etwas erreichen wollen. Sie erfordert nicht, dass die Teammitglieder immer gemeinsam arbeiten müssen. Meetings sind für bestimmte Aufgaben ein nützliches Werkzeug. Sie sind wertvoll, um einander kennenzulernen, Beziehungen aufzubauen oder Konsens herzustellen. Sie sind allerdings nicht so gut geeignet, um andere Arten von Information auszutauschen. Zu viele Meetings führen unweigerlich zur Überlastung. Für hybride Zusammenarbeit ist das Verständnis von synchroner und asynchroner Arbeit wichtig.
Natürlich erzeugen auch asynchrone Werkzeuge Arbeit. Um die Vorteile asynchroner Technologien zu nutzen ohne neue Belastung zu schaffen, müssen wir sie intelligent einsetzen. Sie helfen Meetings effektiver zu machen oder ganz zu ersetzen. Sie können die Zusammenarbeit fördern und nicht nur räumliche, sondern auch zeitliche Barrieren abbauen. Welcher Mix am nützlichsten ist, muss jedes Team für sich herausfinden und daraus Regeln für ihre Zusammenarbeit ableiten. So können Regeln, wie Emailfreie Zeiten unternehmensweit wenig effektiv, aber für ein Team, das seine Dokumente und Nachrichten über andere Kanäle organisiert, sehr nützlich sein. Mitarbeiter brauchen klare Leitlinien, welches Werkzeug in welcher Situation am besten die Zusammenarbeit unterstützt. Es obliegt Führungskräften dabei zu helfen, eine bessere Balance zwischen Videocalls und asynchroner Zusammenarbeit zu finden. So können Pre-Reads als Standard vor Meetings helfen zu entscheiden, wer am Meeting teilnehmen soll. Damit man nichts „versäumt“ können nicht sensitive Materialien, die im Meeting diskutiert wurden, allen in der Organisation zugänglich gemacht werden. “Punctuated collaboration” verspricht Abhilfe gegen Online-Meeting Überlastung. (https://time.com/charter/6120309/punctuated-collaboration-remote-hybrid-work/). Die wesentlichen Eckpfeiler sind:
Das Wohlergehen der Mitarbeiter nicht nur ihnen selbst überlassen. Einige Mitarbeiter brauchen in der hybriden Welt Unterstützung, sich zu strukturieren und die notwendigen Pausen einzuhalten, Grenzen zu setzen, digitale Erschöpfung zu vermeiden. Die pausenlosen Meetings, die sich in den letzten beiden Jahren eingeschlichen haben, sind kein Dauerzustand. Die Leute brauchen Ermunterung und Hilfe, Pausen konsequent einzuplanen und einzuhalten. Managementteams können Daten idealerweise systematisch nutzen, um übertriebene Zeit in Meetings oder zu lange Arbeitszeiten zu vermeiden und Teams proaktiv entlasten, die zu große Arbeitslast übernommen haben. Ein Feature von unterschätztem Wert ist, Nachrichten zeitverzögert zu senden. Auch wenn darüber geredet wird, dass keine unmittelbare Reaktion erwartet wird, erleben Mitarbeiter oft den psychologischen Druck unmittelbar zu reagieren. Wenn man das berücksichtigt und unkritische Nachrichten während der üblichen Arbeitszeit sendet, hilft es Grenzen zu wahren. Der Einsatz neuer Technologien erhöht die Effizient, macht die Arbeit aber auch zunehmend unpersönlich. Um sich zugehörig zu fühlen, brauchen Mitarbeiter auch einmal ein offenes Ohr, das nicht nur am Tagesgeschäft interessiert ist, sondern auch an ihnen als Person. Die einfache Frage „Wie geht es Ihnen/ Dir?“ und Interesse an ihrer Situation kann einen großen Unterschied machen. Informelle Begegnungen intelligent gestalten. Die Netzwerke der Mitarbeiter wurden in den vergangenen zwei Jahren kleiner. Während die Zusammenarbeit mit dem engeren Team intensiver wurde, haben sich Kontakte im größeren Netzwerk signifikant ausgedünnt. In der hybriden Welt werden zufällige Begegnungen, wie der Plausch in der Kaffeeküche, seltener. Diese zufälligen Begegnungen zu „planen“, wirkt schnell aufgesetzt und kann einen unangenehmen Beigeschmack bekommen. Daher lohnt sich die sorgfältige Überlegung, wie man virtuelle Kooperationsräume, wie Slack etc. auch für informellen Austausch nutzen kann. Das kann eine humorvolle Frage zum Einstieg von Meetings sein oder das Teilen von Fotos vom Wochenendausflug, ein Tipp für ein gutes Lokal oder ein Hinweis für einen guten Film oder ein tolles Buch. Nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch Innovationen brauchen Vielfalt. Führungskräfte sind gefragt, teamübergreifende Zusammenarbeit und spontanen Ideenaustausch anzuregen. Lernen wird wichtiger und in vielerlei Hinsicht anders als zuvor. Wir lernen nicht nur im Seminar, sondern zunehmend durch systematischen den Erfahrungsaustausch voneinander und die Co-Creation mit Kunden. Die Funktion des Büros mit Fokus auf „Employee Experience“ neu überdenken. Hybride Zusammenarbeit ist ein einmaliges Experiment. Sie gibt die Gelegenheit, den Zweck des Büros neu zu denken. Büroräume können flexibler, anders genutzt werden als bisher. Gut gestaltet bieten sie:
Der Kontext ist relevant. Er beeinflusst die Stimmung, die Gedanken und das Verhalten der Leute. Mussten Mitarbeiter früher anwesend sein, wird es zukünftig eine Option. Es muss nützlich und angenehm sein, ins Büro zu kommen. Hybride Arbeit eröffnet die Möglichkeit, das Büro zu einem willkommenen Platz der Begegnung und Inspiration werden zu lassen. Büros können Brutstätten von Innovationen sein und nicht Plätze, wo man seine Arbeitszeit absitzt. Das Potenzial hybrider Arbeitsplätze, wenn gut umgesetzt, liegt in zufriedeneren Mitarbeitern, mehr Innovation und besserer Wettbewerbsfähigkeit. Noch einen Schritt weitergedacht, könnte man Flexibilität noch erweitern. Dann geht es nicht nur darum, wo man arbeitet, sondern auch mit wem, wann und woran. Mit der Einführung hybrider Arbeit könnten auch neue Freiräume ausprobiert und überholte Beschränkungen aufgehoben werden. Was meint Ihr? * Damit ist weiblich, männlich und divers gemeint. In der aktuellen unsicheren und ungewissen Lage heißt Führen vor allem Entwicklung, Veränderung oder sogar eine Transformation voranzutreiben.
“Nothing is so painful to the human mind as a great and sudden change.” schreibt Mary Wollstonecraft Shelley. Wenige mögen Veränderung. Sie sind unbequem und manchmal bedrohlich. Auch wenn viele schon eine Reihe von Veränderungen erlebt haben, bleibt das Unbehagen. Oft verbreitet sich Veränderungsmüdigkeit, weil wieder eine Veränderung angekündigt wird, die nicht die angestrebte Wirkung erzielt. Neues zu wagen und die Zukunft zu gestalten braucht Mut, Zuversicht und Kompetenz. Der „technische“ Teil ist bei Veränderungen der Organisation oder Arbeitsweise meist der einfachere. Die größere Herausforderung liegt bei den Menschen. Wie kann man sie nicht nur dazu zu bringen, die neuen Techniken und Methoden umzusetzen, sondern auch, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und gut zusammenzuarbeiten? Der Schlüssel hierfür liegt in exzellenter Kommunikation. Sie hilft Informationslücken zu schließen und Gerüchte zu entkräften. Effektive Kommunikation stärkt den Teamgeist, weil jeder versteht, wie er zum gemeinsamen Ziel beiträgt und warum. Einfacher gesagt als getan. Wie gelingt also gute Kommunikation? Hier sind 7 Tipps 1. Frühzeitig, klar und oft Informieren Sie so früh und so konkret wie möglich über geplante Veränderungen.
2. Kommunikation durch die richtigen Personen Die Mitarbeiter wollen die Botschaft vom Initiator und von ihren Führungskräften hören. Eine Verkündung über E-Mail ist zu wenig. Sie brauchen jemanden, der persönlich mit ihnen kommuniziert. Details sind wichtig und werden am besten von jenen kommuniziert, die das Vertrauen der Leute besitzen. Wenn die Leute dem Botschafter nicht vertrauen, werden sie reflexartig gegen die Maßnahme sein. Daher ist es im Vorfeld so wichtig Vertrauen aufzubauen. Alle Führungskräfte müssen wissen, warum diese Veränderung durchgeführt wird, wie sie umgesetzt werden soll und wie die Mitarbeiter konkret betroffen sein werden. Verstärkt wird das Leadership Team idealerweise durch Leute von verschiedenen Funktionen, die die wichtigsten Botschaften in die Organisation tragen. 3. Kommunikation über vielfältige Kanäle Jeder hat einen unterschiedlichen Kommunikationsstil, daher ist es wichtig Medien zu variieren und einen guten Mix aus persönlichem Gespräch, E-Mails/Newsletter, Videos und Werkzeugen für die Zusammenarbeit zu kreieren. 4. Beantworte die Frage „Was bedeutet das für mich?“ „Was habe ich davon?“ Was den meisten Führungskräften bei der Kommunikation von Veränderungen schwerfällt, ist wirklich konkret zu werden. Vor allem die Antwort auf die Frage „Was habe ich persönlich davon?“ bleibt oft unbeantwortet. Es ist wichtig auf die individuellen Bedenken eingehen und den Mitarbeitern so genau wie möglich zu skizzieren, welche Konsequenzen die Veränderungen für Sie haben werden. 5. Auf Widerstand vorbereitet sein Ohne Widerstand gibt es keine Veränderung. Es ist wichtig, sich die Zeit nehmen, Widerstand systematisch zu analysieren und nicht auf Annahmen vertrauen, die auf vergangenen Erfahrungen beruhen. Alle Leute, die von der Veränderung betroffen sind, haben eine emotionale Reaktion, auch wenn die Veränderung positiv oder rational erscheint. Jedenfalls reagieren Menschen sehr unterschiedlich auf Veränderung. Die häufigsten Gründe für Widerstand sind
Vor Verkündung der Veränderung ist es also ratsam mögliche Bedenken zu überlegen und Reaktionen darauf vorzubereiten. 6. Auf Feed Back hören Gelungene Kommunikation geht in beide Richtungen. Feed Back gibt wertvolle Informationen nicht nur zur „Befindlichkeit“ der Mitarbeiter, sondern auch zu Dingen, die man möglicherweise übersehen hat. Auch hier kann man vielfältige Wege nutzen- Meetings, Online Chats oder Umfragen. „Pulse Checks“, kurze online-gestützte Umfragen helfen Hürden früh zu erkennen und geben Mitarbeitern die Möglichkeit, den Veränderungsprozess zu beeinflussen. Feed Back sind ein guter Weg, Akzeptanz und Engagement zu bekommen. Allerdings, nur wenn man offen ist, gegebenenfalls den ursprünglichen Plan zu ändern. 7. Botschaft wiederholen „Gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden, verstanden ist nicht einverstanden, einverstanden ist nicht angewandt, angewandt ist noch lange nicht beibehalten.“ Konrad Lorenz‘ Zitat zeigt, dass es viel braucht, bis eine Botschaft „ankommt“. Tatsächlich behalten wir nur 10% von dem, was wir gelesen, 20% von dem, was wir gehört und 30% von dem, was wir gesehen haben, wenn es um neue Verhaltensweisen geht. Zumeist unterschätzen Führungskräfte, wie oft eine Wiederholung notwendig ist, um alle zu erreichen. Und eine simple Wiederholung ist bei weitem nicht so wirksam wie eine kluge Variation, die die Aufmerksamkeit der Leute bekommt. Das gelingt am besten, wenn man mit wirklichem Interesse gezielt auf Ihre Fragen und Bedenken eingeht. Damit ist es allerdings nicht getan Den größten Erfolg, nämlich 90% erzielt man, wenn Mitarbeiter die neuen Erfahrungen bereits gemacht haben. Kommunikation ist notwendig aber nicht hinreichend. Wenn Mitarbeiter nicht zusätzlich den Rahmen und die Unterstützung finden, die neuen Verfahren anzuwenden, versandet selbst die beste Kommunikation. Sie brauchen die Mittel, die Fähigkeiten und die Ermunterung durch ihre Führungskräfte. Dann kann es gelingen, dass sich allmählich eine Kultur einwickelt, in der Mitarbeiter Entwicklung nicht nur akzeptieren, sondern suchen und aktiv zur erfolgreichen Zukunft der Organisation beitragen. Transformations-Projekte scheitern häufig. Selbst wenn allen Beteiligten klar ist, dass Veränderung notwendig ist. Im Wesentlichen sind es drei Themen, die Veränderung so schwer machen.
Das natürliche Momentum von Organisationen: Der Status Quo wird aufrechterhalten, weil Menschen, die Macht und Einfluss haben diese behalten und andere ihre gewohnten Pfade nicht verlassen wollen. Angst oder Sorge: Davon sind alle betroffen. Manche nennen es „Respekt haben“. Jeder hat Angst vor etwas. Angst vor Unbekanntem, Angst etwas zu verlieren, Angst etwas nicht zu können. Veränderungsmüdigkeit: Sie tritt insbesondere dann ein, wenn Führungskräfte zu schnell von einer angesagten Verbesserungsmethode zur anderen springen und viel Arbeit mit wenig Wirkung erzeugen. Es ist nicht schwer, etwas anzufangen. Schwer ist es , dranzubleiben. Dies sind zwei massive Kräfte, die gegen Veränderung arbeiten. Wie kann es also gelingen diese zu überwinden? Mit diesen "Hebeln" können Sie entgegenwirken:
Wenn diese Grundvoraussetzungen erfüllt sind, wird Veränderung wahrscheinlicher. Was meinen Sie? Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht? Alle reden von Kultur. Sie soll sich ändern zu mehr Agilität, Unternehmergeist, Kooperations- und Entscheidungsfreude. Es werden detaillierte Analysen, Umfragen, Fokusgruppen und Workshops durchgeführt, um kulturelle Handlungsfelder zu identifizieren. Das kann Monate dauern und bis die Ergebnisse vorliegen ist häufig die „die Luft ist raus“. Was oft bleibt sind reine Absichtserklärungen und Frust.
Schnell und einfach Geht das auch anders und effektiver? Was, wenn Veränderung spontan passieren würde? Es ist wesentlich einfacher einige, wenige Details zu verändern, als gleich ganze Glaubenssätze, Einstellungen und Verhaltensmuster. Kleine und unscheinbare Aspekte der Umgebung können eine substantielle Wirkung auf Entscheidungen haben. Verhaltensforscher meinen, dass wir berechenbar irrational sind. Und was berechenbar ist, kann zu einem gewissen Grad beeinflusst werden. Mit dem Einsatz von „Nudging“ kann Verhalten von Menschen beeinflusst werden, ohne sie zu beschränken. Sie werden durch kleine Stupser zu einem gewünschten Verhalten angeregt. Verhaltensänderungen lassen sich so durch die gezielte Gestaltung des Arbeitsumfelds in relativ kurzer Zeit erreichen, sofern dabei Verhaltens-wissenschaftliche Erkenntnisse systematisch berücksichtigt werden. Dabei kommen weder Regeln, Vorschriften noch Verbote zum Einsatz, denn beim Nudging bleibt die Entscheidungsfreiheit jedes Einzelnen gewahrt. Es wird lediglich die Entscheidungssituation so gestaltet, dass es leichter fällt, sich für das gewünschte Verhalten zu entscheiden. Wichtig ist dabei, dass die Mitarbeiter ihre Wahlfreiheit behalten. Führend in diesem Bereich sind die großen Technologieunternehmen aus dem Silicon Valley. An der US-Westküste besitzt systematisches Nudge Management schon länger eine große Bedeutung. Die Büros von Google und Co. sind so gestaltet, dass sie ständig Nudges an die Mitarbeiter senden. Das reicht bis in die Kantine hinein, in der kleine Teller dazu anregen, weniger zu essen. Gesundes Obst steht auf Griffhöhe, Süßigkeiten eher versteckt. Die vielversprechenden Ergebnisse veranlassten wohl auch Laszlo Bock, den ehemaligen Personalchef von Google 2018 mit einem „Nudge Engine“ auf den Markt zu gehen . Er verfolgt dabei die ehrgeizige Mission durch die Kombination von maschinellem Lernen und Verhaltensökonomie die Arbeit von allen überall besser zu machen. Nudging in der Praxis Erfolgsentscheidend ist der sorgfältig geplante Einsatz von Nudges. Dann können sie ein Treiber für Kulturwandel und Transformation sein. Die folgenden vier Grundprinzipien erhöhen die Wirksamkeit von Nudges
Nudges können zur Erhöhung der persönlichen Produktivität eingesetzt werden. Ein Beispiel ist Habitica, das Menschen dabei hilft, ihre Gewohnheiten im realen Leben zu verbessern. Es "gamifiziert" die Vorhaben, indem es alle Aufgaben in kleine Monster verwandelt, die man besiegen muss. Je besser man sich dabei anstellt, umso weiter kommt man. Auch Diversity Mangement kann von Nudges profitieren. Führung ist typischerweise männlich konnotiert. Wenn man sich mehr Frauen in Führungspositionen wünscht, ist die Präsentation von Beispielen erfolgreicher Frauen ein wirksamer Nudge um dieses Klischee zu überwinden. Nudges ergänzen die bestehenden Ansätze zur Weiterentwicklung der Organisationskultur. Wer den Kulturwandel beschleunigen will, sollte nicht allein auf das Management des Verstands setzen, sondern auch die Instinkte der Mitarbeiter gezielt nutzen. So lassen sich mit vergleichsweise einfachen Mitteln die Innovationskraft und die Attraktivität als Arbeitgeber steigern. Grenzen und Risiken Viele Nudges scheinen gut zu funktionieren. Es ist allerdings schwer, ihre Langzeitwirkungen einzuschätzen. Zudem beschränken sie sich auf konkrete, klar definierbare Verhaltensweisen und können daher größere Veränderung nur unterstützen. Sie sind kein Ersatz für die traditionellen Instrumente des Change-Managements. Wenn Organisationen den Menschen systematisch Entscheidungen abnehmen oder in eine bestimmte Richtung hin «erleichtern», kann eine auf Eigenverantwortung basierende Entscheidungsroutine nur schlecht gedeihen. Die eigene Bewertung der Welt und ihrer Sachverhalte erfordert Mut. Systemkonforme Mitarbeiter, die ihre Vorgaben brav erfüllen, gelten traditionell auch als die Besten, denn ein Abweichen von der Norm ist hier schlicht ein Fehler. Die Abweichung von der Norm ist allerdings der Schlüssel zu Innovation und Verbesserung. Nudging lebt von Einseitigkeit, nicht vom Dialog. Zugrundeliegende Neigungen und Verzerrungen werden nicht adressiert und Nudges müssen dauerhaft aufrechterhalten werden. Kritischer wird die Lage im Zusammenhang mit den Möglichkeiten der Digitalisierung. Mit Big-Data-Ansätzen und intelligenten Maschinen lässt sich Nudging auf eine neue Stufe heben – Big Nudging ist das Stichwort. Für die Beeinflussung des Menschen durch den Computer hat B.J. Fogg, der Pionier in diesem Forschungsgebiet, den Begriff "Captology" geprägt, als Kunstwort, das sich aus dem Ausdruck "computers as persuasive technologies" ableitet. Aufmerksamkeit erzeugen, die Einstellung beeinflussen und vielleicht sogar das Verhalten nachhaltig ändern – das ermöglichen „persuasive Technologien“. Mit personalisierter Information werden Vorschläge unterbreitet. Anwendungen haben oftmals die Aufgabe, etwas beim User zu bewirken, sei es eine Einstellung oder Beurteilung zu ändern oder sie zu einer unmittelbaren Handlung zu bewegen. Wenn man von der Beeinflussung von Menschen durch oder über Computertechnologien spricht, muss man dies auch durch eine ethische Betrachtungsweise näher beleuchten. Die zentrale Frage hierbei ist, ab wann ein Mensch nicht mehr selbstständig beurteilen kann, ob die vom Computer vermittelten Aspekte richtig oder falsch sind. Der Anbieter persuasiver Technologien hat hierbei also auch eine gewisse Verantwortung zu prüfen, ab wann die Kontrolle durch den Menschen verloren gehen kann und die Persuasion gänzlich von der Technologie bzw. derer Eigenschaften bestimmt wird. Ethisch unbedenklich sind dabei Situationen, in denen die Initiative zur Nutzung und Persuasion vom User ausgeht, dieser also gezielt zu etwas bestimmtem "überredet" werden will. Ein gutes Beispiel sind Anwendungen, die in Interaktion mit Home-Fitnessgeräten des Users z.B. dessen Kalorienverbrennungswerte während einer sportlichen Übung ermitteln können und ihn so motivieren, weiterzumachen. Der User ist sich hier über Wirkung und Nutzen der Persuasion im Klaren und nutzt das Angebot gerade deswegen, sodass daran ethisch nichts Verwerfliches zu erkennen ist. Von einer Grauzone spricht man dagegen, wenn die Persuasion vom Nutzer nicht gewollt ist. Hier ist von entscheidender Bedeutung, welche Absichten auf der "Angebotsseite" dahinterstehen. Von unethischem Verhalten spricht man in vielen Fällen, in denen die User über irgendetwas getäuscht werden. Eine klare Abgrenzung zwischen ethischem und unethischem Einsatz von Nudging ist schwer zu finden und sehr umstritten. Notwendig ist aber eine kritische ethische Betrachtung des Persuasive Computing bei dem handelnden Menschen keine selbständige Beurteilung der Korrektheit einer ihm vom Computer vorgeschlagenen Handlungsanweisung mehr möglich ist. Problematisch ist der Übergang, ab wann und über welche Mechanismen der Computer sich hierbei verselbständigt und zum Herrscher über den Menschen wird. „Du kannst jemanden ändern, wenn Du ihn akzeptierst“ (Laotse) Der Grat zwischen Nudging und Manipulation ist schmal und der Einsatz von Nudges laut Thaler von drei Grundsätzen geleitet werden.
Nudges können und dürfen nur dazu dienen, den einen oder anderen Schritt zu erleichtern. Weniger ist hier jedenfalls mehr. Nudges müssen daher sorgfältig ausgewählt und gestaltet, die Zielgruppen beteiligt und der relevante Kontexts berücksichtigt werden. Das führt dazu, dass sich die Mensch gerne „anstupsen“ lassen. Welchen Mindset brauchen wir, um zukünftig erfolgreich zu sein? Kann man ihn selbst ändern? Und wie können Mindsets in Organisationen entwickelt werden?
„Fixed“ versus „Growth“ Agile Mindset, Digital Mindset, Entrepreneur Mindset, oder Change Mindset – den richtigen Mindset zu haben, ist gerade angesagt. Viele reden darüber, aber was ist eigentlich ein Mindset und woher kommt der Begriff? "Mindsets sind Glaubenssätze über uns selbst und unsere grundlegenden Eigenschaften", sagt Stanford Psychologin Carol S. Dweck. Sie hat mit ihrer „Mindset“ Theorie untersucht, wie diese Annahmen wirken und zwei grundlegende Mindsets formuliert. Menschen mit einem „Fixed Mindset“ gehen davon aus, dass Intelligenz und Talente unverrückbare Merkmale sind. Sie vermeiden Herausforderungen, ignorieren Feed Back und geben bei einem Fehler schnell auf. Sie hören nach ihrer Ausbildung auf zu lernen und beneiden andere um ihren Erfolg. Weil ihre Eigenschaften so sind, wie sie sind, brauchen sie immer wieder positive Bestätigung. Jemand mit einem „Growth Mindset“ ist überzeugt, dass Intelligenz und Talente weiterentwickelt werden können, sucht daher Herausforderungen, lernt von Feed Back, wird vom Erfolg anderer inspiriert und gibt nicht schnell auf. Ein Growth Mindset schafft eine Begeisterung fürs Lernen statt ein Bedürfnis nach Anerkennung. Das Modell des Fixed und Growth Mindset nach Carol Dweck ist bestechend einfach – aber wie alles Vereinfachende auch irreführend, wenn es nur an der Oberfläche verstanden wird. Carol Dweck spricht hier inzwischen von einem false growth mindset. So ist es ein Irrtum unter Growth Mindset Eigenschaften zu verstehen, wie flexibel, positiv oder offen zu sein. Eigenschaften, die man hat oder eben nicht. Ihre Beobachtung ist, dass jeder eine Mischung aus „Growth und Fixed Mindset“ hat und diese sich kontinuierlich über entsprechende Erfahrungen verändern kann. Es gibt keinen reinen Growth Mindset. Es geht auch nicht darum Einsatz und Bemühungen anzuerkennen, sondern Resultate zählen. Anstrengungen ohne positive Entwicklung entsprechen nicht dem Grundgedanken. Auf Organisationsebene reicht es auch nicht aus ein Growth Mindset zum Beispiel, als Teil eines Mission-Statements zu verkünden und zu hoffen, dass Entwicklung schon folgen wird. Was bedeuten dieser abstrakte Begriff für Mitarbeiter, wenn er nicht an konkreten Beispielen vorgelebt und Strukturen sowie Prozesse entsprechend angepasst werden? Mindset verändern Jedenfalls ist es nicht einfach einen „Growth Mindset“ zu entwickeln. Einstellungen sind relativ stabil, und das sollen sie auch sein, denn sie erleichtern die Orientierung in einer komplexen Welt. Außerdem haben wir alle unsere „Fixed Mindset“ Trigger. Wenn wir Herausforderungen begegnen, Kritik erhalten oder im Vergleich zu anderen schlecht abschneiden, können wir leicht unsicher und defensiv werden. Wie kann man also seinen Mindset ändern? Persönliche Voraussetzung für eine Einstellungsänderung ist der Wille dazu. Man muss bereit sein, sich mit dem Growth Mindset zu beschäftigen, sein Wissen darüber zu erweitern und für neue Erfahrungen offen sein. Dweck schlägt einen vierstufigen Prozess vor.
Mindset Change in Organisationen 2014 übernahm Satya Nadella die CEO Funktion bei Microsoft und begegnete einer bekanntermaßen toxischen Kultur, wo die Leute intrigierten und einander bekämpften. Er beschloss, das Unternehmen einem „Culture Refresh“ zu unterziehen. Eine Änderung im Mindset kann man natürlich nicht anordnen, das ist klar. Aber man kann ein Umfeld schaffen, das Growth Mindset zulässt und fördert: Wer lernt, Feedback annimmt und an den Erfolg glaubt, wird sich immer weiterentwickeln. Nadella machte lebenslanges Lernen bei Microsoft zur Priorität. Er verschob den Fokus von „Alles wissen" zu "Alles Lernen“ und zeigte seinen Mitarbeitern jeden Monat ein Video, was er gelernt hat. Nadella ging sogar so weit zu behaupten, dass es bei Führung im Wesentlichen darum geht, einen Growth Mindset zu fördern. Wenn die Mitarbeiter die Idee des Growth Mindset kennen, heißt das noch nicht, dass sie diese im Alltag umsetzen können. Sie brauchen die Unterstützung ihrer Führungskräfte. Die Führungskraft wird zum Coach, fördert Lernen und Entwicklung und ist damit viel mehr gefordert, denn der Satz »der Mitarbeiter ist so wie er ist« gilt nicht mehr. Empowerment bedeutet nicht einfach nur zu delegieren, sondern es ist umso wichtiger, den Mitarbeitern den dahinter liegenden Sinn, zu vermitteln und eine Richtung aufzuzeigen. Führungskräfte müssen auch lernen loszulassen und die eigenen Denk- und Verhaltensweisen zu hinterfragen. Das braucht Reife und Bereitschaft zur Selbstreflexion. Zudem ist es wichtig, im Unternehmen alte Muster aufzubrechen und Dinge bewusst anders zu tun. Wenn man Rahmenbedingungen ändert, z.B. viel mehr Freiheit und Entscheidungsspielraum lässt, dann wird sich die Haltung der Mitarbeiter ändern und sie werden anders an die Dinge herangehen als, wenn man alles vorgibt. Drei Tipps, wie sie einen Growth Mindset fördern können
Welcher Mindset auch immer gefragt ist, die Voraussetzung ist eine Haltung, die Lernen und Entwicklung fördert. Ein Growth Mindset ist das Fundament, das ermöglicht die Flexibilität und Ungewissheit agiler Arbeitsweisen anzunehmen, sich mit neuen Technologien vertraut zu machen und nicht aufgrund seiner langjährigen Expertise zu meinen, dass man ohnehin schon alles weiß. Auch, wenn Veränderungen in den meisten Organisationen zum Tagesgeschäft gehören gelingt tiefergehender Wandel selten. „Das Weiche siegt über das Harte“ heißt es im Dao De Jing. Das gilt auch für Organisationen. Mindestens genauso wie ihre Strategie entscheidet die Kultur über deren Zukunftsfähigkeit.
Es hat sich inzwischen herumgesprochen, dass neben technologischen und strukturellen Veränderungen vor allem die Anpassung der Kultur erfolgsentscheidend ist. „Wir brauchen einen anderen Umgang mit Fehlern. Wir müssen Eigenverantwortung und Agilität fördern. Wir wollen bereichsübergreifende Zusammenarbeit“ – so oder ähnlich lauten die Ambitionen. Es werden Projekte oder Programme gestartet. Führungskräfte erarbeiten eine Vorstellung von der Zielkultur. Mit sorgfältig geplanter und oft auch kreativer Kommunikation werden die Mitarbeiter über verschiedene Kanäle „eingebunden“. So soll das Verständnis für die neue Kultur gefördert und konkrete Ideen zur Umsetzung generiert werden. Die Mitarbeiter stimmen dem zu, finden die Ansätze „ganz gut“, nur um in ihrem Alltag wieder auf eine ganz andere „Realität“ zu stoßen. Als Ergebnis erhält die Organisation eine „buntere Fassade“, ohne dass sich in der tatsächlichen Zusammenarbeit etwas geändert hat. Oft ist die Wirkung dieser Vorhaben bescheiden. Manchmal schaden solche Initiativen sogar mehr als sie nutzen. Woran liegt es, dass viele ambitionierte Transformationsprogramme scheitern? 1. Unklares oder falsches Verständnis von Kultur „Kultur ist die Art, wie wir hier Dinge machen“-in der Regel versteht man unter Kultur von einer Gruppe geteilte Werte und Normen. Sie ist das Ergebnis von gemeinsamen Erfahrungen und bildet sich als Reaktion auf ihre Umwelt heraus. In Organisationen bilden formale Strukturen und Prozesse den Rahmen. Ähnlich wie unser Lebensstil mit der Zeit unsere persönliche Erscheinung prägt und nur mit Lebensstiländerung eine messbare Veränderung herbeigeführt werden kann, verhält es sich auch mit Organisationskulturen. Wenn neue Erfahrungen gemacht werden, die sich besser als die alten herausstellen, ändern sich Einstellungen und Werte. Beschränkt sich Kulturentwicklung auf die Definition und Kommunikation von neuen Werten erhält sie ähnliche Effekte, wie sie die Kosmetikindustrie erzielt. Es entsteht eine hübsche, neue Fassade. Besser als auf abstrakter Werteebene ist es, das konkrete Verhalten durch teilnehmende Beobachtung zu verstehen und daraus abzuleiten, welche kulturellen Änderungen zielführend wären. Als Katalysator sind Anpassungen auf der formalen Seite, nämlich Strukturen und Prozesse erforderlich. Sie setzen den Rahmen, in dem neue Erfahrungen und in der Folge neue Überzeugungen gebildet werden können. Ein guter Ansatzpunkt kann z.B. die Neugestaltung von Meetings sein. Die Veränderung der Dauer, des Teilnehmerkreises, des Rahmens oder der Art der Entscheidungsfindung können über eine Verbesserung der Dialogqualität eine neue Kultur erlebbar machen. 2. Zuviel auf einmal Die Ambitionen sind oft groß, wenn es um Kulturentwicklung geht. Die Liste der gewünschten neuen Verhaltensweisen ist lang und gleicht Neujahrsvorätzen. Folglich sind ihre Erfolgschancen ähnlich. Das liegt unter anderem an unserem Gehirn. Es laufen zwei unterschiedliche Arten von Prozessen parallel ab. Bottom-Up-Prozesse besitzen eine „große Rechenleistung“ und arbeiten beständig alle Aufgaben ab, ohne jedoch unser Bewusstsein zu erreichen. Sie sind schneller als Top-Down-Prozesse, eben weil sie keinerlei Aufmerksamkeit benötigen und so wichtige, täglich anfallende Routineaufgaben erledigen. Die im präfrontalen Cortex stattfindenden Top-Down-Prozesse hingegen erfordern ein bewusstes Agieren unsererseits und ein hohes Maß an Konzentration. Sie sind für das Gehirn anstrengender, verbrauchen mehr Energie und sind zudem deutlich langsamer als Bottom-Up-Prozesse. Unser Gehirn ist nun ein Energiesparer und versucht, aus allen erdenklichen Tätigkeiten Routineabläufe zu erstellen, die dann schnell und effizient als Bottom-Up-Prozess durchgeführt werden können. Nur so gelingt es beispielsweise Hochleistungssportlern, ihre fantastischen Leistungen zu vollbringen, ohne darüber nachzudenken. Die Bewegungsabläufe werden durch beständiges Wiederholen bei höchster Konzentration in die schnelleren Bottom-Up-Prozesse umgewandelt. Problematisch wird es dann, wenn man versucht, eine Verhaltensänderung zu bewirken. Denn hier erweist sich der beschriebene Gehirnprozess als hinderlich. Die Mitarbeiter haben die neu zu lernende Tätigkeit durchaus verstanden und können sie auch korrekt durchführen, wenn sie sich darauf konzentrieren. Sobald die Aufmerksamkeit nachlässt, beendet das Gehirn den anstrengenden Top-Down-Prozess und fällt zurück in den routinemäßigen, bereits gespeicherten Bottom-Up-Prozess). Hinzu kommt, dass neu zu erlernende Tätigkeiten auch nicht immer sofort gelingen, das heißt die Umstellung bei der Verhaltensänderung bringt zusätzliche Frustration mit sich. Der Schlüssel liegt folglich darin, sich auf Weniges und Wesentliches zu konzentrieren. Im Idealfall ist es eine Verhaltensänderung mit dem vermutlich größten Effekt. Die Erfahrung zeigt, wenn man eine Änderung erfolgreich gemeistert hat, andere natürlich folgen. Wichtig dabei ist die Übersetzung in konkrete, machbare Schritte, die einfach im Alltag verfolgt werden können und sich als Lösung für praktische Probleme erweisen. 3. Irrtümer zur Kulturentwicklung Eine weitere Fehlannahme ist, dass Kulturentwicklung vom Topmanagement aus geht. Das ist verständlich, weil Gründer Organisationskulturen maßgeblich prägen. Gründer unterscheiden sich allerdings von Managern. In großen Organisationen haben die Wenigsten direkten Kontakt zum Topmanagement. Und während von der gewünschten Kultur abweichendes Verhalten durch das Topmanagement sehr wohl irritiert, ist ihre sonstige Wirkung auf die Organisation meist geringer, als sie glauben. Das liegt häufig am mangelnden Verständnis der wesentlichen Kulturentwicklungsmechanismen. Frequenz und Prestige sind nach Untersuchungen von Boys und Richardson die wesentlichen Determinanten erfolgreicher Kulturentwicklung. Wir eifern Menschen mit hohem Prestige nach und tendieren dazu kulturelle Merkmale nach ihrer Verbreitung zu bewerten. Prestige und Macht sind dabei nicht gleichzusetzen. Immer wieder hat das Top-Management die Macht aber nicht das Prestige. Es ist auch nicht von Erfolg gekrönt Verhaltensweisen zu pushen, die in einer Organisation (-seinheit) nicht weit verbreitet sind. Vielleicht ist dies der größte Fehler, wenn es um die Implementierung von Kulturveränderungsprogrammen geht. Um erfolgreich zu sein, müsste man „künstlich“ eine Situation schaffen, in der die neue Kultur die dominante ist. Das kann nur mit künstlichen Barrieren gelingen. Kultureller Wandel ist wahrscheinlicher, wenn man sich auf kleinere Einheiten konzentriert. Wie gelingt tief greifende Veränderung in großen Organisationen? Die Antwort liegt darin, wie es gelingt Grenzen zwischen der neuen und der alten Kultur zu etablieren und zu managen. Wobei, in großen Organisationen nicht eine Kultur besteht, sondern viele Subkulturen. Beschleunigt kann die Transformation werden, wenn die bestehenden Kulturzonen markiert werden und man mit einem Piloten in jeder Zone beginnt. Die Piloten müssen zu Beginn vor der alten Kultur geschützt werden und die Gelegenheit haben, zu beweisen, dass sie die besseren Ergebnisse erzielen. Es gibt also nur einige Gründe, warum Transformationen scheitern. Zumeist hat dies mit mangelndem Verständnis für die Zusammenhänge und Dynamiken zu tun. Manchmal ist allerdings tatsächlich nur ein Aufputz nach außen gewünscht. Dann sollte allerdings intern auch Klarheit darüber herrschen, dass es sich nur um eine Marketingmaßnahme handelt. Was meinen Sie dazu? "Kein Urin oder Fäkalien im Arbeitsbereich." Dies war eine der 13 Regeln an den Wänden einer Kühlschrank-Fabrik in Qingdao in den frühen achtziger Jahren.
Die Haier-Gruppe begann als fast bankrottes Kühlschrankunternehmen mit dem Namen Qingdao General Refrigerator in Qingdao, einer Stadt in der chinesischen Küstenregion Shandong. 1984 wurde ein junger städtischer Beamter, Zhang Ruimin, zum Werksleiter ernannt und er ist bis heute Vorsitzender des Unternehmens. Seitdem hat sich eine miese lokale Firma zum größten Gerätehersteller der Welt entwickelt. Es ist ein chinesischer Koloss mit über 70.000 Mitarbeitern. Seit den achtziger Jahren hat sich Haier mehrmals neu erfunden. Zhang Rhuimin, der mit Rendanheyi in den letzten 10 Jahren ein jährliches Wachstum von 28% und einen Gewinn von 1200% erzielt hat, will nun als nächste Etappe Haier zu einem der führenden Akteure in der Sharing Economy machen. Er strebt die Transformation von einer konventionellen, bürokratischen und hierarchischen Produktionsfirma zu einem hochflexiblen online basierten Unternehmen mit „Null Distanz zum Kunden“ an. „Mit dem RenDanHeYi-Modell treten wir wirklich in das Netzwerkzeitalter ein. Aber der Netzwerkaspekt ist nicht einmal der wichtigste. Wichtiger ist, dass wir nicht länger versuchen, an Mitarbeiter zu delegieren oder diese zu „befähigen“. Es ist jetzt an der Zeit, dass jeder Mitarbeiter sein eigener Chef ist. Und wenn jeder als CEO auftritt, werden wir gemeinsam wachsen und nicht mehr auf einige Schlüsselpersonen angewiesen sein. Mit dem RenDanHeYi-Modell entfernen wir uns also von einem Imperium hin zu einem Regenwald. Jedes Imperium wird irgendwann zusammenbrechen. Ein Regenwald dagegen kann nachhaltig sein.“ so Zhang Ruimin. “Wörtlich bezieht sich „Ren“ auf jeden Mitarbeiter, „Dan“ auf die Bedürfnisse jedes Nutzers und „HeYi“ bezieht sich auf die Verbindung zwischen jedem Mitarbeiter und den Bedürfnissen jedes Nutzers. Mit der Version 1 von 2005-2009 begann Haier mit der Einführung strategischer Geschäftseinheiten, implementierte neue IT-Lösungen und leistungsorientierte Maßnahmen, um das Unternehmen besser mit den Kunden zu verbinden. In 2010 wurden Mikrodivisionen namens ZZJYT eingerichtet. Sie agierten wie ein virtuelles Team mit zehn bis zwanzig Mitarbeitern aus unterschiedlichen funktionalen und hierarchischen Ebenen. ZZJYTs verfügten über beträchtliche Autonomie, einschließlich der Einstellung von Mitarbeitern für das Team, der Festlegung von Vergütungsregeln und von Bonuszahlungen. In 2014 wurde Haier mit Rendhayi 2.0 schließlich zu einem Konglomerat von über 4000 unabhängigen Kleinstunternehmen mit der Bezeichnung „Xiaowei Qiye“ (abgekürzt als) „Xiaowei“). Sie agieren als unabhängige Unternehmen mit Eigentumsanteilen und sind für alle Vertrags-, Budgetierungs- und Einstellungsentscheidungen verantwortlich. Ein Xiaowei ist nicht gezwungen, interne Lieferanten zu verwenden. Darüber hinaus werden die Xiaowei aktiv dazu angehalten, externe Partner einzubeziehen und teilweise externe Finanzierung suchen. Daneben gibt es „Node-Micro-Unternehmen“, die den marktnahen Kleinstunternehmen Produkte und Dienstleistungen bereitstellen. Die Unternehmenszentrale unterstützt alle diese Xiaowei, weist Unternehmensressourcen zu und legt die strategische Ausrichtung für die gesamte Organisation fest. Sie bietet Unternehmensdienstleistungen wie Personalabteilung und Marketing über dedizierte Plattformen. Diese sind zum Teil auch als Xiaowei organisiert. Beispielsweise ist das Corporate Legal Team als Xiaowei tätig, das gegen Gebühr Standardverträge zwischen Kleinstunternehmen abschließen kann. Drei Visionen wurden dabei verfolgt
Die Kernidee ist, dass die Mitarbeiter Eigentum, Entscheidungsrechte und ein vom Kunden bezahltes Gehalt erhalten. Sie werden „echte“ Unternehmer". CEO Zhang Rhuimin sieht dies als eine Möglichkeit, den Unternehmergeist und die Geschwindigkeit eines Startups zu erhalten. Zhang ist überzeugt, dass Technologie die Basis des Wettbewerbs in der Zukunft grundlegend verändern wird, und zwar vom Wettbewerb zwischen hierarchisch geschlossenen Unternehmen in Richtung Wettbewerb zwischen offenen Online-Plattformen, die Unternehmen mit Benutzern und externen Partnern verbinden können, um gemeinsam Werte zu schaffen. Auf den offenen Plattformen, die Haier im Rahmen der Entwicklung von Rendanheyi 2.0 entwickelt hat, sind Kunden an der Produktentwicklung beteiligt. Diese Online-Plattformen variieren stark in Größe und Umfang, haben jedoch keine organisatorischen Grenzen, sodass verschiedene Spezialistenteams einer Plattform beitreten können und beträchtliche Ressourcen für die Entfaltung unternehmerischer Initiative entwickeln können. Haier bietet kein Schulungssystem an und coacht Mitarbeiter nicht, wie man unternehmerisch ist. Stattdessen hilft Haier Mitarbeitern dabei, Interessengemeinschaften zu bilden, um als Unternehmer zusammenzuarbeiten. Wenn jemand zum Beispiel die Idee hat, ein Produkt auf eine bestimmte Marktnische auszurichten, dann setzen sich Leute aus verschiedenen Disziplinen - Forschung und Entwicklung, Vertrieb, Produktion, Marketing - zusammen, um ihre Realisierbarkeit zu analysieren. Wenn sie der Meinung sind, dass es praktikabel ist, bilden sie ein Team, um dieses als ein neues Mikrounternehmen vorzustellen. Dann entwerfen sie einen sogenannten Wertanpassungsmechanismus (VAM), der definiert, welches Ziel der Plan erreichen soll und wie die Mitglieder der Gemeinschaft bezahlt werden, wenn das Ziel erreicht wird. Dies wird anschließend zur Vereinbarung zwischen Haier und seinen Kleinstunternehmen. So werden die wichtigsten Befugnisse von Führungskräften an die Kleinstunternehmen delegiert, einschließlich der Entscheidungsbefugnis, der Personalauswahl und -bestellung und der Finanzallokation. Fertigungsarbeiter sind normalerweise nicht direkt mit dem Markt konfrontiert. Eine Verbindung zum Markt wird hergestellt in dem die verschiedenen Produktionslinien im Wettbewerb stehen. Jede der über hundert Fabriken auf der ganzen Welt besitzt viele Produktionslinien, die als Mikrounternehmen agieren. Die Leistung dieser Kleinstunternehmen wird nach Kosten, Liefer- und Servicequalität und der Marktreaktion auf die von ihnen hergestellten Produkte bewertet. Diese legt fest, wie sie für nachfolgende Bestellungen qualifiziert sind. Einige Produktionslinien können viele Aufträge erhalten. Einige erhalten weniger - und infolgedessen werden die Mitarbeiter dieser Leitungen nicht so gut bezahlt. Linien, die mehr Aufträge erhalten, können mit denen mit weniger verschmelzen. Auf diese Weise sind die Produktionslinien organisch mit dem Markt verbunden. Um gleichzeitig die Zusammenarbeit und den Wettbewerb zwischen den Unternehmenseinheiten zu fördern, fördert die Unternehmenskultur von Haier Reputation und Leistung. Unterstützt durch geeignete Performance-Management-Systeme erhalten die Mitarbeiter, je produktiver und kundenorientierter sie sind, mehr Entscheidungsfreiheit und Belohnung. Der Erfolg scheint Haier Recht zu geben. Bei der erstmaligen Einführung von Rendanheyi im Jahr 2005 wurden die Gewinnmargen der Haier Group auf unter 3-4% geschätzt, verglichen mit 6-8% bei Konkurrenten wie Whirlpool. Im Jahr 2015 betrug die Nettogewinnmarge von Qingdao Haier Co. Ltd. (eines von zwei börsennotierten Unternehmen der Haier-Gruppe) 5,7% im Vergleich zu 3,9% der Whirlpool Corp. Mit Rendanheyi 2.0 stieg der Gewinn der Haier-Gruppe zwischen 2015 und 2016 um 12,8% auf 20,3 Mrd. Yuan (ca. 2,9 Mrd. USD), während der Konzernumsatz um 6,8% auf 201,6 Mrd. Yuan (ca. 29,3 Mrd. USD) stieg. Es kann allerdings etwas verfrüht sein, die Wirksamkeit von Rendanheyi zu beurteilen, insbesondere die Wirksamkeit von Xiaowei, die erst seit 2014 besteht. So konnte Haier Rendanheyi in seinen weltweiten Tochtergesellschaften unzureichend umsetzen. In den Vereinigten Staaten wurden beispielsweise anstelle von Xiaowei größere, als "Plattformen" bezeichnete Mikrodivisionen geschaffen. Im Gegensatz zu Xiaowei in China war beispielsweise jeder Mitarbeiter an mehreren Plattformen beteiligt und die Vergütung basierte nicht ausschließlich auf der Plattform Performance. In Russland bildete das Top-Management-Team einen Xiaowei entlang der chinesischen Xiaowei-Linien, die Angestellten arbeiteten jedoch weiterhin in einer hierarchischen Organisation, ohne ZZJYTs oder Xiaowei zu bilden. Geringe Adoptionsraten außerhalb Chinas werfen wichtige Fragen zur Anwendbarkeit von Rendanheyi in verschiedenen nationalen Kontexten auf. Dies unterstreicht die Bedeutung des Kontexts für die Wirkung von Managementinnovationen. Die Flexibilität bei der Durchsetzung des chinesischen Arbeitsvertragsgesetzes (ECL) ermöglichte es Haier, seine Größe schnell von über 80.000 im Jahr 2012 auf 60.000 im Jahr 2016 zu reduzieren, um Rendanheyi 2.0 zu implementieren. Während das Downsizing in China einigen strengen Regeln unterliegt, hat die Regierung die Umstrukturierung staatseigener Unternehmen, einschließlich Massenentlassungen, und - ganz entscheidend für die Erneuerung von Unternehmen in China - seit langem befürwortet. Artikel 41 der ECL erlaubt insbesondere Massenentlassungen von Unternehmen bei „Wechsel der Produktion, Einführung einer bedeutenden technischen Innovation ein oder eines neuen Geschäftsmodells.“ Ebenso konnte Haier die Entlohnungsgrundlage von der Gehaltszahlung auf eine leistungsabhängige Vergütung umstellen. De facto erhalten die Angestellten auch keine Dividenden und wissen nicht, wie viel sie besitzen - und entscheidend ist, dass die einfachen Angestellten nur einen vernachlässigbaren Einfluss auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens haben. Die eigentliche strategische Macht liegt in einem hohen Grad an Top-Down-Führung bei Haier. Dies war natürlich auch bei Steve Jobs 'Apple oder Bill Gates' Microsoft der Fall und dies gilt derzeit ebenso bei Alibaba, Xiaomei, Tencent und anderen innovativen Unternehmen. Die chinesische Zentralregierung und die Provinzialregierungen begrüßten Haiers „Reise in unbekannte Gewässer“, ohne sich um die Auswirkungen massiver Entlassungen auf die öffentliche Meinung sorgen zu müssen. Chinas institutioneller Kontext förderte tatsächlich die Einführung radikaler neuer Managementpraktiken als Teil der Rendanheyi-Plattform. Die Rahmenbedinugen von Haier ermöglichten Zhang, eine radikale neue Managementinnovation einzuleiten, die das Unternehmen von einem traditionellen Hersteller zu einem agilen Online-Plattformunternehmen verlegte, ohne dass garantiert werden konnte, dass diese Trendwende die organisatorische Leistung tatsächlich verbessern würde. Andererseits erschwert der Fokus auf vierteljährliche Ergebnisse und stabile Erträge es amerikanischen und europäischen Unternehmen erheblich, die von Rendanheyi geforderten Veränderungen in Betracht zu ziehen. Da die Haier-Gruppe ihre Eigentumsanteile an der Xiaowei schrittweise aufweicht, muss Haier auch darüber nachdenken, wie verhindert werden kann, dass Xiaowei sich vollständig von der Organisation der Haier-Gruppe lösen kann. Eine mögliche Zukunft für Haier wäre die Umwandlung in ein Flottenmodell statt des „Ozeandampfer“, da Zhang Ruimin bereits darauf hingewiesen hat, dass „wir möglicherweise in die Ära des Kontrollverlusts eintreten“, um die Kunden besser zu bedienen und weiter Talent zu fördern. Rendanheyi hat lange gebraucht, um sich zu dem zu entwickeln, was es heute ist. Im Vergleich zu wichtigen historischen Managementinnovationen hat nur die Herstellung einer schlanken Produktionsplattform von Toyota so lange gedauert. Haier, wie wir es heute sehen, war fast ein Jahrzehnt im Entstehen. Das Unternehmen begann 2010 mit der Erprobung des Konzepts von kleinen, unternehmerischen Vertriebs- und Marketingteams. Ein Jahr später wurden in Produkteinheiten Selbstverwaltungsteams eingeführt. Diese frühen Tests waren lehrreich. Zu Beginn erwies sich das interne Contracting als problematisch. Die Verhandlungen waren langwierig und kontrovers, da jede Einheit ihren eigenen Erfolg maximieren wollte. Die Lösung war eine Klausel, die die Kompensation mit den Marktergebnissen verknüpft. Das machte aus einem Nullsummenspiel eine gemeinsame Bemühung einen Mehrwert für die Kunden zu schaffen. Haier möchte damit sein Managementmodell humaniseren: „Wir möchten Mitarbeiter dazu ermutigen, Unternehmer zu werden, weil Menschen kein Mittel zum Zweck sind, sondern Selbstzweck. Unser Ziel ist es, dass jeder zu seinem eigenen CEO wird und jeder sein Potenzial erkennen kann. “ Wie weit dieses radikale Marktprinzip tatsächlich eine „Humanisierung“ darstellt wird sich zeigen. Haier verfolgt jedenfalls weiter seinen Expansionskurs und seine "Einkaufstour". So stiegen sie im Sommer 2018 bei dem Kärntner Solar-Unternehmen Greenonetec ein. Der Konzern erwarb 51 Prozent der Anteile, beziehungsweise 50 Prozent der Stimmrechte des Sonnenkollektorenherstellers mit Sitz in St. Veit an der Glan. Es wird interessant, ob dort mit ihren 150 Mitarbeitern Xiaowei erfolgreich eingeführt werden. Es gibt wohl keinen Bereich in Organisationen, der in den letzten Jahren nicht mit Veränderungen konfrontiert war. An Erfahrung mit Veränderungen mangelt es also nicht.
Dennoch fallen Veränderungen nach wie vor schwer. Man könnte meinen zunehmend schwerer. Veränderungsmüdigkeit macht sich breit und das Engagement von Mitarbeitern ist erschreckend gering, wie die jährliche Gallup Studie zeigt. Dabei wird ein Aspekt häufig nach wie vor sträflich vernachlässigt. Was immer auch verändert wird, man muss sich von gewohnten Dingen oder Praktiken verabschieden. Es bleibt allerdings in der Regel auch etwas so wie es war. Die Aufmerksamkeit liegt allerdings zumeist nur auf dem Neuen. Es ist weitgehend bekannt, dass eine wichtige Erfolgsvoraussetzung ist, die Gründe und Vorteile der Veränderung zu kommunizieren. Was bleibt und wovon man sich trennt wird wenig oder gar nicht beachtet. Eine neue Studie zeigt, dass die wesentliche Ursache für Widerstand darin liegt, dass sich Mitarbeiter mit ihrer bestehenden Organisation identifizieren. Sie befürchten, dass nach der Veränderung, die Organisation nicht mehr so sein wird, wie sie sie schätzen und mit der sie sich identifizieren. Übrigens je höher die Unsicherheit ist, desto eher erwarten sie solche Bedrohungen für "ihre" Organisation. Effektives Change Management muss daher, auch wenn es widersprüchlich klingt Kontinuität betonen- wie das "Was uns als Organisation ausmacht" trotz der Unsicherheiten und Veränderungen bestehen bleibt. So kann neben der "üblichen" Kommunikation der Veränderungsvision und -ziele ein großer Nutzen erzielt werden.
Typische Widerstände, die Veränderungen auftauchen, können damit gleich zu Beginn abgemildert und die Aussicht für eine erfolgreiche Veränderung gesteigert werden. Beide Aspekte benötigen nicht viel, nur die angemessene Aufmerksamkeit auch bei großer Veränderungseuphorie. Es sind oft die "Kleinigkeiten", die große Wirkung zeigen. Wann hatten sie zuletzt ein unangenehmes Gefühl als Führungskraft? Eine ungewöhnliche Frage- zugegeben. Wenn sie allerdings der Einladung zur Übernahme einer Führungsrolle folgen, akzeptieren sie auch den Umstand sich nicht komfortabel zu fühlen. Und das wahrscheinlich jeden Tag.
Führung heißt nämlich Entscheidungen zu treffen. Manchmal sind sie hart und haben negative Konsequenzen für Menschen, die ihnen am Herzen liegen oder sogar für sie selbst. Da hilft ihnen auch kein Regelwerk. Das kann mühsam sein und häufig einfach auch unangenehm. Diese Emotionen dem Verstand unterzuordnen, darum geht es. Genug geistige Reserven zu haben, um sich nicht vom Konkurrenten, vom Gegner, von Konzepten treiben zu lassen, auch wenn die Lage schwierig zu sein scheint. Auch neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen birgt die Gefahr zu scheitern. Ebenso verhält es sich mit dem Aufbau von tragfähigen Beziehungen, die im aktuellen Umfeld wichtiger sind denn je. Vertrauen und Zutrauen sind im ersten Schritt immer Risikoangebote. Gute Führungskräfte sind zudem im besten Sinn des Wortes berechenbar. Man kann sich auf ihr Wort und ihr ehrliches Feed Back verlassen. Es geht ihnen dabei in erster Linie nicht um Beurteilung, sondern um Hilfestellung, damit Erfolg wahrscheinlicher wird. Sie sagen unverblümt, was „Sache ist“ und packen kritische Anmerkungen nicht in „Watte“. Außerdem kennen und stehen sie zu ihren Schwächen. Das heißt nicht, sich gehen zu lassen, sondern die eigene Unzulänglichkeit als Mensch anzunehmen und sich authentisch zu zeigen. Wirksame Führungskräfte wollen andere Perspektiven kennenlernen, weil sie um ihre blinden Flecken wissen. Sie fragen aktiv nach Feed Back und haben nicht den Anspruch alle Antworten zu kennen. Sie schätzen den Wert eines produktiven Diskurses mit diversen Ansichten. Sie übernehmen und übertragen Verantwortung und geben die „Lorbeeren“ denjenigen, die zum Erfolg beigetragen haben. Sie fordern Vereinbarungen ein und ziehen aus gutem Grund auch Konsequenzen. Ohne Mut können sie keinen Unterschied machen. Ohne Mut können sie keine Konversation führen, die Veränderung ermöglicht. Ohne Mut können sie nichts bewirken. Das ist respekteinflößend und manche ziehen es vor, sich „in ihren Rüstungen zu verschanzen“ und ihren Perfektionsanspruch zu erhöhen. Das ist allerdings kein Mut sondern Abtauchen. So verlieren sie den Kontakt zu ihren Mitarbeitern. Mut und Komfort schließen sich aus. In der Komfortzone sind Lernen und Wachstum wenig wahrscheinlich. Wenn sie sich dauerhaft wohlfühlen, führen sie womöglich nicht. Begrüßen sie es also, sich nicht komfortabel zu fühlen. Dann sind die Chancen gut, dass sie wirklich führen, sich selbst bejahen und ein erfülltes Leben führen. Disruption kann in jeder Branche von unkonventioneller Seite erwartet werden. Das I-Phone hat gleich mehrere Branchen erfasst, neben Telefon, Kamera, GPS und Uhren sogar Taschenlampen. Solchen Herausforderungen begegnet man am Besten indem man einen Schritt voraus ist. Dafür braucht es ein starkes, anpassungsfähiges Organisations-Design. Es mag keine Garantie für Erfolg geben. Die folgenden Punkte sichern ihnen jedenfalls das Gegenteil.
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