Bild: Charlie Firth Eine gute Kultur ist wichtig. Sie entscheidet über die erfolgreiche Umsetzung von Strategien und damit über den langfristigen Erfolg. Es geht dabei um viel mehr, als um das Wohlbefinden der Mitarbeiter.
Kultur ist nicht Teil des Spiels, sie ist das Spiel. Sie wirkt auf alle Elemente und Ebenen der Organisation, ihre Strukturen und Prozesse und diese beeinflussen wiederum die Kultur. Was aber, wenn sie nicht passt, wenn sich z.B. Risikoscheu, Misstrauen oder "Engsichtigkeit" eingeschlichen haben? Die Veränderung einer Organisationskultur ist eine komplexe Angelegenheit, die langen Atem erfordert. Es gibt kein Rezept, kein linearer Pfad führt zum Ziel. Mit Rückschlägen ist zu rechnen. Das nicht zu erwarten und zu früh aufzugeben, ist fatal. Jede Organisation ist einzigartig und braucht für die Veränderung ihrer Kultur eine spezifische Architektur und passgenaue Interventionen. Kulturveränderung ist anspruchsvoll, weil sie alles betrifft und doch so wenig greifbar ist, weil sie an den Grundfesten rührt und daher besonders riskant erscheint. Kann man Kultur überhaupt gestalten? Sie verändert sich ja ohnehin laufend. Die Metapher eines Gartens finde ich besonders hilfreich. Den kann man nicht bauen, wie ein Haus. Auch er verändert sich ständig. Man braucht andere Fähigkeiten, als ein Baumeister. Die wichtigsten sind, die Geschicklichkeit und Behutsamkeit im Umgang mit Pflanzen. Welche Umgebung, welche Nahrung brauchen sie um zu gedeihen? Ähnlich ist es bei Kultur. Welchen Rahmen und welche Ressourcen brauchen die Leute, um ihnen eine angestrebte Änderung zu erleichtern? Wie kann man die Barrieren für Wachstum entfernen oder verringern? Vieles ist zu beachten. Auf Einges kann man jedenfalls nicht verzichten. Hier sind sechs essentielle Faktoren für das Gelingen eines Wandels: 1. Klarheit über das WOZU der Kulturveränderung und wie diese die STRATEGIE unterstützen soll Auch wenn es um Kultur geht, gibt es Modeerscheinungen. Manche Organisationen wollen sich eine neue Kultur verpassen, wie ein neues Outfit. Naturgemäß bleibt diese dann auch dort, an der Oberfläche. Will man mehr, dann ist ein gemeinsames Verständnis von Kultur und wozu deren Veränderung dienen soll, unverzichtbar. Dabei ist es wichtig, konkret zu zeigen, wie die Kulturveränderung zur Erreichung strategischer Ziele beitragen soll. Kulturveränderung ist ein Business-Projekt und nicht nur ein HR-Projekt. HR kann einen wichtigen Beitrag leisten und den Wandel unterstützen, nicht aber die Verantwortung übernehmen. Die liegt in den Geschäftsbereichen. Die Verbindung mit der Strategie muss klar und nachvollziehbar sein. Ebenso wichtig ist es, klare und messbare Resultate festzulegen. Wie soll sonst ein Fortschritt beurteilt werden? Auch wenn Kulturelemente selbst oft schwierig zu messen sind, kann die Wirkung von neuen Verhaltensweisen sehr wohl beurteil werden. Wenn keine konkrete Verbindung zwischen der Kultur und der Performance der Organisation hergestellt wird, wird die Verantwortung zur Kulturveränderung zu einer individuellen Angelegenheit statt sie als organisationales Vorhaben zu verstehen und verliert so schnell an Priorität. 2. Fokus auf WENIGE Kulturelemente und SPEZIFISCH auf die Organisation zugeschnitten Kulturentwicklungsprogramme lesen sich häufig wie eine Wunschliste mit Eigenschaften, die attraktive Unternehmen aktuell haben sollen. Die Begriffe sind abstrakt und austauschbar. Es ist eine weitverbreitete Fallgrube, den Versuch zu unternehmen, die Kultur erfolgreicher Unternehmen nachzuahmen. Die Folge? Keiner kennt sich mehr aus, nichts passt zusammen. Dieses Vorgehen ist das Gegenteil von strategischem Agieren. Da geht es um Differenzierung und eine bewusste Auswahl bei begrenzten Ressourcen. Dies gilt auch für die Kultur. Alles sein zu wollen ist nicht nur unmöglich, sondern bringt auch nicht den erhofften Erfolg. Es erinnert an Lokale, die umfangreiche Speisekarten anbieten und wo dann alles ein wenig "schal" schmeckt. Am Anfang steht daher die kluge Wahl. Welcher Aspekt der Kultur ist der größte Treiber für den Erfolg? Idealerweise beginnt man mit einem Element, das man verändern möchte. Wenn ein gewisses Momentum erreicht ist, kann man dann nachlegen und wenige weitere aufnehmen. Wie bei Verhaltens- und Einstellungsänderungen auf individueller Ebene sind es kleine Schritte, die den Erfolg bringen. 3. Kommunikation und VORLEBEN des Management-Commitments und Klärung der Rollen und Verantwortungen für den Wandel Wie die Mitglieder des Managements über die angestrebte Kulturveränderung reden und sich selbst verhalten ist möglicherweise das Wichtigste. Häufig wird die Rolle des Top Managements darin gesehen, die anzustrebende Kultur zu definieren und dann zu verkünden. Das ist nicht nur unzureichend, sondern kann die Lage tatsächlich verschlechtern. Auch Top-Manager sind Teil der Veränderung nicht nur als Gestaltende, sondern auch als Betroffene. „Die anderen sollen sich ändern, wir leben den Idealzustand schon.“ ist eine unglückliche Haltung und unterwandert die Glaubwürdigkeit des Vorhabens. Die Reflexion und Anpassung des eigenen Verhaltens sind daher von größter Bedeutung. Unterbleibt dies, führt es zu Vertrauensverlust in das Management und zu Zynismus in der Organisation. Bevor man also eine Kulturveränderung ankündigt, sollte man daher seine eigene Bereitschaft zur Verhaltensänderung überprüfen oder es sonst lieber bleiben lassen. 4. KONTEXT und MUSTER beachten, nicht nur individuelle Verhaltensweisen Kulturveränderungen zielen häufig auf individuelle Einstellungen und Verhaltensweisen ab. Das ist zu wenig und führt nicht zur gewünschten Entwicklung. Menschen nehmen in Organisationen verschieden Rollen ein. Mit diesen verbinden sie selbst und andere Erwartungen. Die Gestaltung dieser Rollen erfolgt immer relational, in Beziehung zu anderen. Einstellungen und Verhaltensweisen entwickeln sich in Abhängigkeit von anderen und können meist auch nur gemeinsam geändert werden. Der Trick an der Sache ist, dass diese gegenseitigen Abhängigkeiten oft nicht bewusst sind. So ist das Identifizieren dieser Muster ein wichtiger Schritt, der einige Erfahrung mit Kulturentwicklung erfordert. Auch die Anpassung von Kontextfaktoren, wie die Rekrutierungs- und Entwicklungsprozesse, das Performance-Management, die Struktur selbst oder die Raumgestaltung leistet einen wesentlichen Beitrag. 5. Einbeziehen von FREIWILLIGEN aus ALLEN Bereichen und auf allen Ebenen um die Übernahme von VERANTWORTUNG zu stärken Wann haben sie sich das letzte Mal geändert, weil es ihnen jemand gesagt hat? Das ist wohl lange her, wenn es überhaupt jemandem gelungen ist. Wir ändern unsere Ansicht und unser Verhalten, weil wir zur Einsicht gekommen sind, dass es anders nicht weiter geht oder besser wird, nicht weil es uns jemand sagt. Natürlich kann man mit Zwang arbeiten, mit Belohnung und Bestrafung. Kurzfristig ist das der einfachste Weg. Die Leute machen dann genau das was man beobachtet und sind sehr kreativ, dass System auszutricksen. Schade um diese Energie. Viel aussichtsreicher ist es, Menschen einzuladen, die neugierig sind und Freude an Veränderung haben. Sie sind es, die auch bereit sind, Neues auszuprobieren und Risiken einzugehen. Wenn sie zeigen, dass der neue Weg funktioniert und dem alten jetzt und in Zukunft überlegen ist, werden die anderen folgen. Die Veränderungskraft entwickelt sich so an vielen Stellen in der Organisation, in unterschiedlichsten Funktionen und auf allen Ebenen. Das Vertrauen steigt, wenn die Leute sehen, dass auch eine/r von ihnen den neuen Weg erfolgreich geht. Erfolgreiche Kulturveränderung wird geführt, von formellen und informellen Führungskräften, die Verantwortung übernehmen und so die Zukunft gestalten. 6. Wertschätzung der Stärken der BESTEHENDEN Kultur und KONSEQUENT dranbleiben Wenn über Kulturveränderung gesprochen wird, fühlen sich Leute, die schon länger dabei sind, oft verraten. Das Bestehende wird im besten Fall ignoriert oder sogar abgewertet. Vieles für das diese Leute sich eingesetzt haben, die Extrameile gegangen sind, ist nichts mehr wert. Sie kriegen in der Veränderungseuphorie keine Aufmerksamkeit. Ein großer Fehler. Denn natürlich sollen Dinge auch gleich bleiben und aus gutem Grund bewahrt werden. Gruppen und Organisationen entwickeln eine Identität, wie Menschen auch. Auch wenn sie sich weiterentwickeln, wollen sie „sie selbst bleiben“ und sich nicht völlig auflösen. Gerade für die, die schon länger in der Organisation sind, ist dies oft wichtig. Sie wollen erleben, dass sich ihre Mühen gelohnt haben und nach wie vor als wichtig und richtig angesehen werden. Wie bei Neujahrsvorsätzen besteht auch die Gefahr nach den ersten Erfolgen den „Sieg“ auszurufen. Diesem trügerischen Eindruck zu folgen ist gefährlich. Denn das Risiko ist groß, früher oder später wieder in die alten Muster zu fallen. Es braucht langen Atem, Disziplin und Training bis die neuen Denk- und Verhaltensweisen eingeübt werden und nach gegebener Zeit zur Gewohnheit, zur neuen Kultur werden. Wir leben in einer Zeit des Umbruchs auf vielen Ebenen. Annahmen und Verhaltensweisen, die uns bisher erfolgreich gemacht haben, gelten oft nicht mehr. Viele Entwicklungen finden parallel mit einer bisher nicht erlebten Geschwindigkeit statt. Die relevanten zu antizipieren und sich entsprechend anzupassen ist große Führungskunst. Diese kann nicht mehr von einem kleinen, benannten Kreis in der Organisation realisiert werden, sondern braucht die Intelligenz und Kraft an vielen Stellen in der Organisation. |
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