Bild: Robert Collins Sind die Leute produktiver oder nicht, wenn sie von zu Hause arbeiten? Nach einem Jahr der Pandemie und weitgehendem Home-Office gehen die Meinungen auseinander. Die einen meinen, dass die Leistung leidet, weil die Menschen abgelenkt sind und weniger kontrolliert werden. Die anderen sehen es umgekehrt. Sie können nach ihrem eigenen Rhythmus und konzentrierter arbeiten.
Eins setzt virtuelles Arbeiten jedenfalls voraus: mehr Vertrauen. Ohne Vertrauen könnten wir unseren Alltag nicht bestreiten. Es ist die Grundlage für Kooperation und wichtiges Element jeder Organisation. Doch steht es mit dem Vertrauen in Organisationen oft nicht zum Besten. Noch immer meinen Manager, dass die Mitarbeiter ihr Vertrauen erst verdienen müssen. Sie geben keinen Vertrauensvorschuss und häufig herrscht eine Kultur des Mikromanagements. Manchmal fühlen sich Mitarbeiter sogar überwacht. Das hat seinen Preis. Wenn das Vertrauen niedrig ist, bezahlt man eine versteckte "Steuer" für jede Transaktion, jede Kommunikation, Interaktion und Entscheidung . Alles wird langsamer, komplizierter und teurer. Vertrauen führt zu mehr Vertrauen. Nach Luhmann ist Vertrauen ein „Mechanismus zur Reduktion sozialer Komplexität“. Das Mittel der Wahl gegen Orientierungslosigkeit und Veränderungsangst. "Wer vertraut, trifft eine Art Vorentscheidung. Vertrauen ist das Zutrauen zu eigenen Erwartungen." Tatsächlich erleben die meisten Menschen eine größere Verbindlichkeit, wenn Ihnen Vertrauen entgegengebracht wird. Ist das nicht der Fall, werden oft Energien frei, um Kontrollen zu umgehen. Es entsteht eine knausrige Haltung. Man tut genau das und so viel, wie man unbedingt muss – also Dienst nach Vorschrift. Manager wünschen sich das natürlich nicht. Sie wollen engagierte Mitarbeiter, die im besten Sinne zum Unternehmenserfolg beitragen. Und das gelingt nur mit Vertrauen. Nicht nur die Vertrauenswürdigkeit der Menschen steigt, wenn ihnen Vertrauen entgegengebracht wird, sondern auch ihr Selbstvertrauen. Der Pygmalion Effekt beschreibt das Ergebnis von verschiedenen Studien, die zeigen, dass die Leistungsfähigkeit von Menschen steigt, wenn man ihnen mehr zutraut und damit auch mehr vertraut. Dabei geht es nicht um Vertrauen oder nicht. Es geht nicht um blindes Vertrauen. Vertrauen ist immer relativ und spezifisch. In bestimmten Situationen vertraut man bestimmten Personen in einer konkreten Angelegenheit. Das ist wichtig, denn…. …Vertrauen ist immer ein Risikoangebot. Wer es hat, leistet einen Vorschuss an Optimismus. Wer Sicherheit sucht, findet so etwas unangenehm. Bei Überraschungen und Neuerungen, wo es wichtig ist, sich schnell zu verändern, gelingt dies leichter, wenn man mit Menschen zusammenarbeitet, denen man vertraut. Vertrauen ermöglicht Entscheiden in Situationen, in denen nicht alles recherchiert und kalkuliert werden kann. An die Stelle von Wissen treten Erwartungen bezogen auf etwas, das in der Zukunft liegt. Vertrauen hat zwei Seiten, derjenige, der Vertrauen gibt und derjenige, der sich als vertrauenswürdig erweist. Ob jemand vertrauenswürdig erscheint, lässt sich aus nachstehender Formel ableiten. Vertrauen= Kompetenz+ Zuverlässigkeit+ Wohlwollen Mit Kompetenz ist die Fähigkeit gemeint, das anvertraute persönlich und inhaltlich zu erfüllen. Es hat mit Wissen, Erfahrung und Charakterstärke zu tun. Kompetenz bedeutet die Fähigkeit, in einer bestimmten Situation die Verantwortung übernehmen zu können. Konsistenz beschreibt die Zuverlässigkeit, die Integrität - wie kongruent Worte und Taten sind. Wohlwollen heißt, dass der Vertrauenswürdige es gut mit mir meint, er meine Interessen unterstützt, dass ich meine Schwächen zeigen kann. Wenn Kompetenz oder Konsistenz nicht zufriedenstellend sind, kann es noch gelingen das Vertrauen wieder herzustellen. Fehlt das Wohlwollen, ist es kaum noch möglich. Das wichtigste Element, sich als vertrauenswürdig herauszustellen ist demnach, nicht nur Eigeninteressen auf Kosten anderer zu verfolgen. Wie Kant es in seinem kategorischen Imperativ formulierte. „Der Mensch existiert als Zweck an sich selbst, nicht bloß als Mittel zu beliebigem Gebrauche“. Das Gegenteil von Vertrauen ist nicht Kontrolle. Das Gegenteil ist Misstrauen. Kontrolle kann oft sehr hilfreich sein, denn Menschen brauchen Feed-Back. Wenn dieses ausbleibt oder zu rar ist, erscheint die Arbeit bald sinnlos. Die Bemühungen verschwinden in ein „schwarzes Loch“ und damit erstickt jede Motivation. Nicht Kontrolle an sich mindert das Vertrauen, sondern das Motiv dahinter. Kontrolle und Feedback sollen helfen, festzustellen, ob man am richtigen Weg ist. Das kann in vielen Fällen Selbstkontrolle sein. Oft hilft aber die Rückmeldung oder der Antrieb von jemand anderem. Diese sind willkommen, wenn sie dem Gegenüber tatsächlich helfen, besser zu werden und dranzubleiben. Vertrauen ist ein kritisches Element wirksamer Führung. Vertrauen zu geben und zu erhalten, erleichtert mit den Ungewissheiten besser umzugehen. Das Ziel dabei ist, so weit wie möglich zu vertrauen und seine eigene Vertrauenswürdigkeit auszubauen. Vertrauen entsteht durch Handlungen, nicht durch Worte -"Vertraue mir" lässt Menschen eher vorsichtig werden. Ihre eigene Vertrauenswürdigkeit können Führungskräfte stärken, indem sie Gute Beziehungen aufbauen
Fachkompetenz zeigen
Konsistenz zeigen
Diese drei Elemente sollten idealerweise im Einklang stehen, wobei das erste den stärksten Einfluss hat. Mehr Vertrauen geben Anderen Vertrauen zu geben hat oft mit dem Vertrauen in sich selbst und den eigenen Fähigkeiten zu tun. Die Bereitschaft zu vertrauen ist umso höher, je höher das eigene Selbstvertrauen ist. Wer sich selbst vertraut, geht gelassener durch die Welt. Es fällt leichter, anderen „Gutes“ zu unterstellen und vertrauensvoll auf sie zuzugehen. Selbstbewusste Menschen können sich eine Enttäuschung auch eher leisten. Das hat nichts mit Leichtgläubigkeit zu tun. Zudem zeigen Studien, dass man nicht öfter ausgenutzt wird, wenn man vertraut. Im Gegenteil, es gibt Belege dafür, dass dem, der vertraut auch eher Vertrauen entgegengebracht wird. Wer anderen misstraut, wird dafür häufiger enttäuscht und sieht sich mit seinem Misstrauen bestätigt. Welche Überzeugung man auch hat, sie bewahrheitet sich. “Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“. Ob man anderen vertraut, hängt also oft mehr mit einem selbst zusammen als mit den anderen. Vertrauen geht davon aus, dass der andere meine Interessen verfolgen und meine Erwartungen erfüllen wird. Es unterstellt der anderen Person gute Absichten. Dennoch ist es sinnvoll die Risiken abzuschätzen und zu eruieren, ob der andere unser Vertrauen verdient. Natürlich kann unser Vertrauen missbraucht werden. Wenn wir die Möglichkeit haben, teilen wir dem anderen unsere Enttäuschung und Erwartungen mit. Verhält sich der andere weiterhin in dieser Weise, distanzieren wir uns am besten von ihm. Die Fähigkeit vertrauen zu können ist wichtig für unsere Beziehungen und für unser Wohlbefinden. Können wir nicht vertrauen, müssen wir ständig auf der Hut sein, ausgenutzt und benachteiligt zu werden. Wir verspüren den ständigen Impuls alles kontrollieren zu müssen. Das ist nicht nur unmöglich, sondern auch ungesund. |
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