Wenn Laurence Fink, Vorsitzender des weltgrößten Vermögensverwalters in einem Brief an die CEOs seiner investierten Firmen schreibt, dass ihre Unternehmen einem „Purpose“ dienen sollen, sollte man spätestens hellhörig werden. Möglicherweise versteckte sich mehr als eine neue Managementmode dahinter.
Was ist ein Purpose? Die einfache Übersetzung mit dem Wort Zweck greift etwas zu kurz. Der Purpose beantwortet die Frage, WARUM eine Organisation das tut, was sie tut, welchen Sinn das Ganze hat. Der Anspruch ist, nicht nur Eigennutz und finanzielle oder Wettbewerbs-Ziele zu verfolgen, sondern einen positiven Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Dabei meint er mehr als die seit rund zwei Jahrzehnten verfolgte Corporate Social Responsibility. Diese hat sich im Wesentlichen auf das Sponsoring von wohltätige Aktivitäten und damit verbundener positiver PR konzentriert. Der Purpose unterscheidet sich auch von einem Mission-Statement. Dieses beantwortet die Frage nach dem „WAS “ . Der Purpose wiederum beleuchtet den dahinterliegenden Sinn, die beabsichtigte Wirkung. Wofür einen Purpose? Wieso ist das jetzt wichtig? Die Forderung nach einem Purpose kann als Gegenbewegung an das Streben nach Gewinnmaximierung verstanden werden. Diesen Auftrag, den Milton Friedman schon in den sechziger Jahren gestellt hat, haben insbesondere börsennotierte Unternehmen seit den achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts weitverbreitet aufgenommen. Seine Aufforderung, Profite zu steigern, solange man sich im gesetzlichen Rahmen bewegt, hat auch eine Zeit lang auch gut funktioniert, Prosperität erzielt und Investoren zufrieden gestellt. Nach einigen Jahrzehnten zeigen sich die allerdings die bitteren Schattenseiten dieser eindimensionalen Wirtschaftsweise. Die Umweltschäden sind nicht mehr zu ignorieren und die verantwortungslose Ausbeutung von Tier und Mensch nicht mehr zu tolerieren. Weniger ist mehr An Adipositas sterben mittlerweile weltweit mehr Menschen als an Hunger. Die Berge an weggeworfenen Kleidungsstücken in den Kleidersammlungsstellen müssen entsorgt werden, weil sie keine Verwendung mehr finden. Unsere Behausungen sind gefüllt mit tausenden Dingen, Lagerraum-Anbieter boomen und wir kaufen immer Dinge, die wir kaum oder gar nicht nutzen. Es ist höchste Zeit, in größeren Zusammenhängen zu denken und zu verstehen, dass Absatzzahlen und Profitmargen nicht alleine zählen dürfen. Viele junge, gut ausgebildete Menschen haben das verstanden und suchen ein Wirkungsfeld, in dem sie etwas Positives bewirken können. Ihnen zu erzählen, dass das Ziel ist, die Nr. 1 zu sein, wird sie nicht mehr bewegen. Auch auf der Konsumentenseite tut sich etwas. Immer mehr Leute haben genug von der „Wegwerfgesellschaft“, beginnen bewusster, oft auch weniger zu konsumieren und achten mehr auf Nachhaltigkeit. Wie formuliert man einen Purpose? Der Purpose beantwortet die Fragen warum man macht, was man macht und wem die Organisation wie dient oder nutzt? Folgende Schritte können bei der Beantwortung helfen:
Die Antwort auf die letzte Frage soll Entscheidungen und Verhalten in der Organisation grundlegend leiten. Sie trägt damit auch dazu bei, sich in Richtung der angestrebten Vision zu bewegen. Daher ist es wichtig, dass die Formulierung so kurz wie möglich und so aussagekräftig wie nötig ist. Sie muss mehr als eine Produkt- oder Leistungsbeschreibung sein, darf aber auch nicht zur allgemeinen „Wir machen die Welt besser“ Floskel werden. Eine guter Purpose verbindet Wertversprechen und Werte. Er ist verbunden mit dem, was eine Organisation leisten kann und begründet auf dem, welche Wirkung man bei den Kunden, der Gesellschaft und den Mitarbeitern, also nicht nur bei den Investoren erzielt werden will. Eine spezifische Formulierung bringt allerdings das Dilemma mit sich, dass sich Dinge ändern und der Purpose möglicherweise nicht mehr passt. Auch wenn der Anspruch einer gewissen Dauerhaftigkeit besteht, ist es ein Irrtum, dass der Purpose für alle Zeit gleichbleiben muss. Es empfiehlt sich daher, den Purpose bei jeder Strategieänderung zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. So weit, so schwer und wenn der Purpose endlich einem guten Statement mündet, ist dies erst der Beginn. Wie lebt man den Purpose? "The purpose of a system is what it does. There is, after all, no point in claiming that the purpose of a system is to do what it consistently fails to do." Stafford Beer Wenn Sie nicht gerade ein Unternehmen gründen, haben Sie es mit etablierten Routinen und dahinter liegenden Interessenslagen zu tun. Sollte der definierte Purpose ohnehin das beschreiben, was sie tun und bewirken, dann weiter so. Im anderen Fall bedeutet den Purpose zu leben einen Kulturwandel zu erreichen. Dieser beginnt bei den Aktivitäten und mündet in einer Veränderung der Glaubenssätze und Normen aller Beteiligten. Die größere Gefahr für die Wirksamkeit eines Purpose ist allerdings nicht, dass er nicht mehr passt, sondern dass er gar nicht zur Geltung kommt. Es bleibt beim Statement und die alltäglichen Dringlichkeiten führen dazu, dass man bei den etablierten Gewohnheiten bleibt. Wo soll man also beginnen? Für jede Tätigkeit in der Organisation ist die Frage zu beantworten „Wie trägt diese zu unserem Purpose bei“. Kann diese nicht positiv beantwortet werden, ist die Tätigkeit zu überdenken oder zu verwerfen. Es gibt natürlich auch Routinetätigkeiten, die unabhängig vom Purpose erledigt werden müssen. Sie sind nötig, dass man den Purpose überhaupt verfolgen kann. Entscheidungen bedeuten immer das Abwägen von Trade-Offs. Ein Purpose sollte allen in der Organisation helfen zu guten Entscheidungen zu kommen. Das wiederum setzt voraus, dass alle den Purpose kennen, verstehen und für sinnvoll erachten. Der Pupose wird von allen, oder zumindest den meisten angenommen, wenn dieser nachvollziehbar ist. Er wird umgesetzt, wenn in guten Dialogen ein gemeinsames Verständnis zum Zweck des Purpose entwickelt wird. Dem Management kommt dabei eine herausragende Rolle zu. Sein Verhalten dient als Maßstab für dir Glaubwürdigkeit des Vorhabens. Seine Mitglieder sind allerdings auch nur Menschen und sie weichen an der einen oder anderen Stelle von den Ambitionen ab. Sie brauchen daher einen guten Feedback-Mechanismus, der ihnen hilft, ihr Verhalten einzuschätzen und gegebenenfalls zu korrigieren. Die Verhaltensänderung kommt zuerst und macht eine Einstellungsänderung möglich und nicht umgekeht. Der oft umgekehrt begangene Weg ist wenig aussichtsreich. Um den Begriff Purpose ist in den letzten Jahren ein Hype entstanden, der wieder nach einer Modeerscheinung klingt. Um dabei zu sein „verpassen“ sich viele Unternehmen einen Purpose. Mit dem Statement alleine hat dies eine ähnliche Wirkung wie die von Leitbildern, Mission Statements und Visionen in der Vergangenheit, nämlich eine bescheidene. Wenn Sie es ernst meinen, sollten sie dem Vorhaben daher ausreichend Aufmerksamkeit und Zeit schenken, über eine Formulierung hinausgehen und mit konkreten Verhaltensänderungen starten. Dann sollte die Übung gelingen. |
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