In den letzten beiden Jahren hat sich die Art unsere Zusammenarbeit grundlegend verändert. Wir haben gelernt, dass wir besser virtuell arbeiten konnten, als vermutet. Viele genießen die Möglichkeit, von zu Hause arbeiten. Sie erspart ihnen die Zeit für die Fahrt ins Büro, die Störungen durch Mikromanagement und Lärm im Großraumbüro.
Andere fühlen sich zunehmend isoliert und ausgelaugt. Mit der Zeit vermissen Mitarbeiter* den Austausch mit den Kollegen. „Merken Sie auch, dass die Energie verloren gegangen ist, dass die Leute immer gereizter werden? wurde ich unlängst gefragt. Die vielen, kleinen, informellen Interaktionen im Büro haben schlichtweg einen großen Einfluss auf die Motivation, den Informationsfluss und die Qualität von Entscheidungen. Die Leute wünschen sich Flexibilität und auch persönlichen Kontakt. Nach dem abrupten Wechsel zum Home-Office am Beginn der Pandemie überlegen viele Unternehmen nun ein nicht minder anspruchsvolles Vorhaben, hybride Arbeit einzuführen. Hybride Arbeit bedeutet, dass teilweise im Büro und im Home-Office , synchron und asynchron zusammengearbeitet wird. Ist hybride Arbeit die Zukunft, weil es die Nachteile der reinen Büro- oder Tele-Arbeit ausgleicht? Sie kann die Flexibilität und die Zufriedenheit der Mitarbeiter steigern. Sie kann auch Kosten und den ökologischen Fußabdruck reduzieren. Gut organisiert, wird weniger Büroraum benötigt und durch den Wegfall des täglichen Pendelns weniger CO2 produziert. In vielerlei Hinsicht sind hybride Teams allerdings schwieriger zu managen als Teams, die ausschließlich remote arbeiten oder im Büro. Mit hybrider Arbeit wird alles komplexer, nicht umgekehrt. Der Wechsel zu hybrider Arbeit ist keine Fortführung der Arbeit vom Home-Office. Er ist ein einschneidender Moment, an dem neue Fragen gestellt werden sollten.
Der Wechsel zur hybriden Arbeit ist eine strategische Chance für jede Organisation - eine, die ein neues Zusammenarbeitsmodell erfordert. Man braucht einen Plan und Regeln. Unternehmensweite Normen geben den Leuten Orientierung, wie, wann und wo sie arbeiten. Viele Unternehmen definieren z.B. eine bestimmter % der Arbeitszeit sein, der vom Home-Office gearbeitet werden kann. Wichtig ist, sich als gesamte Organisation auf eine Basis zu einigen und zu klären, welche Entscheidungen zentral und welche dezentral getroffen werden sollen. Dazu gehört auch die Wahl der Hybriden Zusammenarbeitsform.
Führungskräften brauchen angemessenen Gestaltungsraum. Führungskräfte müssen in der Lage sein, Anpassungen für ihren Bereich entsprechend ihrer Geschäftsanforderungen und Mitarbeitererwartungen treffen. Dies beinhaltet auch Entscheidungen über Ausstattungen für das Home-Office. Sie brauchen die Möglichkeit, neue Regeln für ihr Team einzuführen, wie etwa meetingfreie Tage. Eine aktuelle Studie hat herausgefunden, dass drei meetingfreie Tage die optimale Balance zwischen Produktivität, Zufriedenheit und Kooperation ermöglichen. (https://sloanreview.mit.edu/article/the-surprising-impact-of-meeting-free-days/?use_credit=78252da47ac569c8142bcd049579ce4b) Die Pandemie brachte nämlich eine Explosion an Online Meetings. Gleichzeitig begannen die Leute mehr asynchron zu kommunizieren, über Emails, Chats und Corporate Social Media. Für viele war das zu viel. In einer Studie sagten 54%, sie seien überlastet und 39%, sie sind erschöpft. (https://www.microsoft.com/en-us/worklab/work-trend-index/hybrid-work) Ein großes Missverständnis ist der Glaube, dass Zusammenarbeit nur dann stattfindet, wenn alle im gleichen (virtuellen) Raum sind. Wenn Mitarbeiter im Büro sind, interagieren sie spontaner und öfter mit Leuten außerhalb ihrer Teams. Allerdings ist die gemeinsame Anwesenheit im Büro noch kein Garant für Zusammenarbeit. Der Schlüssel für Erfolg ist zu wissen wann man wie zusammenarbeitet und wann besser nicht. Erfolgreicher Zusammenarbeit beantwortet drei Fragen:
Asynchrone und synchrone Zusammenarbeit in gute Balance bringen. Unter Zusammenarbeit wird oft gemeinsam arbeiten verstanden. Das ist ein wichtiger Aspekt. Zusammenarbeit bedeutet allerdings mehr. Sie bedeutet, dass wir gemeinsam etwas erreichen wollen. Sie erfordert nicht, dass die Teammitglieder immer gemeinsam arbeiten müssen. Meetings sind für bestimmte Aufgaben ein nützliches Werkzeug. Sie sind wertvoll, um einander kennenzulernen, Beziehungen aufzubauen oder Konsens herzustellen. Sie sind allerdings nicht so gut geeignet, um andere Arten von Information auszutauschen. Zu viele Meetings führen unweigerlich zur Überlastung. Für hybride Zusammenarbeit ist das Verständnis von synchroner und asynchroner Arbeit wichtig.
Natürlich erzeugen auch asynchrone Werkzeuge Arbeit. Um die Vorteile asynchroner Technologien zu nutzen ohne neue Belastung zu schaffen, müssen wir sie intelligent einsetzen. Sie helfen Meetings effektiver zu machen oder ganz zu ersetzen. Sie können die Zusammenarbeit fördern und nicht nur räumliche, sondern auch zeitliche Barrieren abbauen. Welcher Mix am nützlichsten ist, muss jedes Team für sich herausfinden und daraus Regeln für ihre Zusammenarbeit ableiten. So können Regeln, wie Emailfreie Zeiten unternehmensweit wenig effektiv, aber für ein Team, das seine Dokumente und Nachrichten über andere Kanäle organisiert, sehr nützlich sein. Mitarbeiter brauchen klare Leitlinien, welches Werkzeug in welcher Situation am besten die Zusammenarbeit unterstützt. Es obliegt Führungskräften dabei zu helfen, eine bessere Balance zwischen Videocalls und asynchroner Zusammenarbeit zu finden. So können Pre-Reads als Standard vor Meetings helfen zu entscheiden, wer am Meeting teilnehmen soll. Damit man nichts „versäumt“ können nicht sensitive Materialien, die im Meeting diskutiert wurden, allen in der Organisation zugänglich gemacht werden. “Punctuated collaboration” verspricht Abhilfe gegen Online-Meeting Überlastung. (https://time.com/charter/6120309/punctuated-collaboration-remote-hybrid-work/). Die wesentlichen Eckpfeiler sind:
Das Wohlergehen der Mitarbeiter nicht nur ihnen selbst überlassen. Einige Mitarbeiter brauchen in der hybriden Welt Unterstützung, sich zu strukturieren und die notwendigen Pausen einzuhalten, Grenzen zu setzen, digitale Erschöpfung zu vermeiden. Die pausenlosen Meetings, die sich in den letzten beiden Jahren eingeschlichen haben, sind kein Dauerzustand. Die Leute brauchen Ermunterung und Hilfe, Pausen konsequent einzuplanen und einzuhalten. Managementteams können Daten idealerweise systematisch nutzen, um übertriebene Zeit in Meetings oder zu lange Arbeitszeiten zu vermeiden und Teams proaktiv entlasten, die zu große Arbeitslast übernommen haben. Ein Feature von unterschätztem Wert ist, Nachrichten zeitverzögert zu senden. Auch wenn darüber geredet wird, dass keine unmittelbare Reaktion erwartet wird, erleben Mitarbeiter oft den psychologischen Druck unmittelbar zu reagieren. Wenn man das berücksichtigt und unkritische Nachrichten während der üblichen Arbeitszeit sendet, hilft es Grenzen zu wahren. Der Einsatz neuer Technologien erhöht die Effizient, macht die Arbeit aber auch zunehmend unpersönlich. Um sich zugehörig zu fühlen, brauchen Mitarbeiter auch einmal ein offenes Ohr, das nicht nur am Tagesgeschäft interessiert ist, sondern auch an ihnen als Person. Die einfache Frage „Wie geht es Ihnen/ Dir?“ und Interesse an ihrer Situation kann einen großen Unterschied machen. Informelle Begegnungen intelligent gestalten. Die Netzwerke der Mitarbeiter wurden in den vergangenen zwei Jahren kleiner. Während die Zusammenarbeit mit dem engeren Team intensiver wurde, haben sich Kontakte im größeren Netzwerk signifikant ausgedünnt. In der hybriden Welt werden zufällige Begegnungen, wie der Plausch in der Kaffeeküche, seltener. Diese zufälligen Begegnungen zu „planen“, wirkt schnell aufgesetzt und kann einen unangenehmen Beigeschmack bekommen. Daher lohnt sich die sorgfältige Überlegung, wie man virtuelle Kooperationsräume, wie Slack etc. auch für informellen Austausch nutzen kann. Das kann eine humorvolle Frage zum Einstieg von Meetings sein oder das Teilen von Fotos vom Wochenendausflug, ein Tipp für ein gutes Lokal oder ein Hinweis für einen guten Film oder ein tolles Buch. Nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch Innovationen brauchen Vielfalt. Führungskräfte sind gefragt, teamübergreifende Zusammenarbeit und spontanen Ideenaustausch anzuregen. Lernen wird wichtiger und in vielerlei Hinsicht anders als zuvor. Wir lernen nicht nur im Seminar, sondern zunehmend durch systematischen den Erfahrungsaustausch voneinander und die Co-Creation mit Kunden. Die Funktion des Büros mit Fokus auf „Employee Experience“ neu überdenken. Hybride Zusammenarbeit ist ein einmaliges Experiment. Sie gibt die Gelegenheit, den Zweck des Büros neu zu denken. Büroräume können flexibler, anders genutzt werden als bisher. Gut gestaltet bieten sie:
Der Kontext ist relevant. Er beeinflusst die Stimmung, die Gedanken und das Verhalten der Leute. Mussten Mitarbeiter früher anwesend sein, wird es zukünftig eine Option. Es muss nützlich und angenehm sein, ins Büro zu kommen. Hybride Arbeit eröffnet die Möglichkeit, das Büro zu einem willkommenen Platz der Begegnung und Inspiration werden zu lassen. Büros können Brutstätten von Innovationen sein und nicht Plätze, wo man seine Arbeitszeit absitzt. Das Potenzial hybrider Arbeitsplätze, wenn gut umgesetzt, liegt in zufriedeneren Mitarbeitern, mehr Innovation und besserer Wettbewerbsfähigkeit. Noch einen Schritt weitergedacht, könnte man Flexibilität noch erweitern. Dann geht es nicht nur darum, wo man arbeitet, sondern auch mit wem, wann und woran. Mit der Einführung hybrider Arbeit könnten auch neue Freiräume ausprobiert und überholte Beschränkungen aufgehoben werden. Was meint Ihr? * Damit ist weiblich, männlich und divers gemeint. |
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